Oder warum du niemals mit Lichtgeschwindigkeit reisen wirst (und das ist auch besser so)
Science-Fiction verkauft uns seit Jahrzehnten den Traum vom Überlichtflug. Coole Raumschiffe zischen durch die Galaxie, während die Crew mit verschränkten Armen dramatisch auf Bildschirme starrt. Doch hier kommt Einstein mit einem trockenen „Nö“ um die Ecke – und leider hat er recht.
Die bittere Wahrheit: Mit Lichtgeschwindigkeit zu reisen ist nicht nur schwierig. Es ist physikalisch unmöglich.
Fangen wir von vorne an: Warum du nicht mal eben auf halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kannst
Bevor wir über Lichtgeschwindigkeit sprechen, klären wir mal eine einfache Frage: Kannst du wenigstens schlagartig auf halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigen?
Kurze Antwort: Nein.
Lange Antwort: Definitiv nein.
Das Problem heißt Trägheit. Alles, was Masse hat – du, dein Raumschiff, sogar der halb aufgegessene Snack in der Bordküche – möchte in Ruhe bleiben, wenn es in Ruhe ist. Dieses Prinzip nennt sich das Trägheitsgesetz.
Stell dir vor, dein Raumschiff könnte auf magische Weise sofort auf 0,5-fache Lichtgeschwindigkeit beschleunigen.
- Dein Raumschiff würde zack! losrasen.
- Dein Körper? Würde einfach da bleiben, wo er war.
- Ergebnis: Du wirst mit halber Lichtgeschwindigkeit gegen die Rückwand des Raumschiffs geklatscht.
Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt ein biologischer Pfannkuchen.
Warum ist das so?
Weil es in der Physik ein Grundgesetz gibt: Aktion → Reaktion.
Es gibt keine Möglichkeit, eine Reaktion gleichzeitig mit der Aktion stattfinden zu lassen. Alles – selbst die Übertragung von Kräften – braucht Zeit. Informationen, Energie, Impulse? Sie bewegen sich maximal mit Lichtgeschwindigkeit.
Also: Keine schlagartige Beschleunigung.
„Aber was ist mit Trägheitsdämpfern?“ – Tja, Sci-Fi-Fans, hier kommt der Dämpfer:
Selbst wenn du einen hypothetischen „Anti-Trägheits-Generator“ (wie die Inertial Dampeners in Star Trek) hättest, bleibt das Problem bestehen. Um Trägheit auszuschalten, müsstest du die Wechselwirkungen aller Atome deines Körpers und des Raumschiffs gleichzeitig beeinflussen.
Und das ist unmöglich.
Denn auch in einem fiktiven Supergerät gilt: Nichts kann schneller als das Licht reagieren. Selbst ein „perfekter“ Dämpfer müsste gleichzeitig mit der Aktion reagieren und Informationen über die Bewegungsänderung durch den gesamten Körper senden – und das dauert. Also zermatscht es dich trotzdem, quasi augenblicklich.
Du kannst zwar beschleunigen – aber nur langsam. Selbst mit einer konstanten Beschleunigung von 9 g (das ist das Neunfache der Erdanziehungskraft und schon ziemlich sportlich) würdest du Wochen oder Monate brauchen, um auf nennenswerte Bruchteile der Lichtgeschwindigkeit zu kommen – und theoretisch etwa ein Jahr ununterbrochener Beschleunigung, um überhaupt nahe an c heranzukommen.
Strahlung: Dein unsichtbarer Gegner
Nehmen wir mal an, du hast es irgendwie geschafft, dich ordentlich zu beschleunigen. Glückwunsch! Jetzt trifft dich das nächste Problem: Strahlung.
Wenn du dich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegst, trifft dich nicht nur das normale Licht, sondern auch alle elektromagnetischen Wellen, die auf dich zukommen. Aufgrund des relativistischen Doppler-Effekts verschiebt sich das Licht:
- Sichtbares Licht wird zu UV-Strahlung.
- UV-Strahlung wird zu Röntgenstrahlung.
- Röntgenstrahlung wird zu Gammastrahlung.
Das ist nicht nur ein Sonnenbrand-Problem. Gammastrahlung ist tödlich. Sie zerstört Zellen, durchdringt Materialien und macht aus deinem schicken Raumschiff eine fliegende Mikrowelle – mit dir als Tiefkühlpizza im Auftauprogramm.
Lösung?
Magnetfelder? Funktionieren bei geladenen Teilchen. Aber gegen harte Gammastrahlung? Keine Chance. Du brauchst Masse. Dicke, schwere Masse.
- 2–3 Meter Fels oder Blei sind realistisch, um tödliche Strahlung zu blockieren.
- Ergebnis: Das Raumschiff wird schwerer.
Schwerkraft – ein Luxusproblem?
Ohne Schwerkraft baust du Muskeln ab. Die Astronauten auf der ISS verbringen täglich Stunden mit Training – und das bei nur 400 km Entfernung von der Erde. Auf einer jahrelangen Reise? Katastrophe.
Die einzige realistische Lösung: Rotation.
- Ein rotierendes Raumschiff erzeugt künstliche Schwerkraft durch Zentrifugalkraft.
- Damit du nicht kotzt oder Schwindelanfälle bekommst, muss der Radius groß genug sein: mindestens 500 bis 1.000 Meter.
- Für angenehme Bedingungen: 2 km Durchmesser.
Ergebnis:
- Ein riesiges, kreisförmiges Raumschiff.
- Noch mehr Masse.
- Noch mehr Energie nötig, um das Ding überhaupt zu bewegen.
Treibstoff – der ultimative Endgegner
Um so ein Monstrum zu beschleunigen, brauchst du Treibstoff. Aber hier kommt das Problem:
- Je mehr Treibstoff du hast, desto schwerer wird das Raumschiff.
- Je schwerer es ist, desto mehr Treibstoff brauchst du.
- Je mehr Treibstoff du dafür brauchst, desto schwerer wird es… Willkommen in der Hölle der Raketengleichung.
Für eine Reise, die theoretisch ein Jahr dauert, um auf annähernde Lichtgeschwindigkeit zu kommen, müsstest du eine absurde Menge Treibstoff mitnehmen. Selbst wenn du einen perfekten Antrieb hättest, der 100 % effizient ist (Spoiler: den gibt’s nicht), würdest du ein Raumschiff brauchen, das mehr aus Treibstoff als aus allem anderen besteht.
Kleiner Spoiler am Rande: Für das Abbremsen benötigst du nach den Gesetzen der Physik genau so viel Energie, wie du fürs Beschleunigen aufgewendet hast.
Aber selbst wenn du das überlebst: Lichtgeschwindigkeit? Vergiss es.
Doch nehmen wir an, du hast genug Treibstoff, dein gigantisches Raumschiff ist perfekt abgeschirmt, und du hast es geschafft, nicht als matschiger Klumpen in der Schwerelosigkeit zu enden. Klingt nach Erfolg? Falsch gedacht. Denn jetzt kommt der Teil, an dem das Universum endgültig sagt: „Schluss mit lustig.“
Stell dir also vor, du sitzt in diesem Raumschiff und gibst weiterhin Gas. Je schneller du wirst, desto mehr Power brauchst du. Klingt logisch. Aber ab einem bestimmten Punkt passiert etwas Seltsames: Du wirst schwerer.
Nicht „Schokoriegel-am-Abend“-schwerer. Physikalisch schwerer.
Je näher du der Lichtgeschwindigkeit kommst, desto mehr nimmt deine träge Masse zu. Diese Masse ist wie der innere Widerstand deines Körpers gegen Beschleunigung.
- Bei 90 % der Lichtgeschwindigkeit? Fast doppelt so schwer.
- Bei 99,9 %? So schwer wie ein kleiner Mond.
- Bei 100 %? Unendlich schwer. Ja, wirklich. Unendlich.
Und was braucht man, um etwas unendlich Schweres noch ein bisschen schneller zu machen? Unendlich viel Energie. Dummerweise liefert das Universum keine Unendlich-Tankstelle.
Aber Photonen schaffen das doch!
Ja – weil sie einen unfairen Vorteil haben: Keine Ruhemasse. Sie starten quasi „mit leerem Gepäck“ ins Rennen. Wir Menschen? Wir schleppen 80 Kilo (plus Raumschiff) mit.
Moment mal – gibt’s überhaupt „unendlich“?
Du hast recht, das Universum ist nicht besonders großzügig mit „Unendlich“. Es gibt keine unendlich große Pizza, keine unendlich lange Autobahn und auch keine unendlich schwere Masse. Und genau deshalb kommst du nicht auf Lichtgeschwindigkeit.
Wenn wir sagen, dass deine Masse „unendlich“ werden würde, meinen wir eigentlich: Sie wächst so extrem, dass du niemals genug Energie aufbringen könntest, um dieses Ziel zu erreichen.
Das nennt man in der Physik eine asymptotische Grenze. Stell dir vor:
- Du rennst auf eine Mauer zu, aber jedes Mal, wenn du sie fast berührst, verdoppelt sich der Abstand.
- Du kommst immer näher, aber egal, wie oft du den Schritt machst – du wirst sie niemals erreichen.
Unendlich ist hier kein echtes Ding. Es ist die Art, wie das Universum höflich aber bestimmt sagt: „Schluss jetzt. Weiter geht’s nicht.“
Fazit:
- Strahlung macht dich gegrillt.
- Trägheit macht dich matschig.
- Treibstoff macht dich schwer.
- Schwerkraft macht dich endgültig platt.
Interstellare Reisen? Physikalisch gesehen ist das Universum nicht nur groß. Es ist gnadenlos.
Bleib einfach auf der Erde. Ist gemütlicher.