Oder wie rechte Dullies Zitate missbrauchen
„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er sich Antifaschismus nennen.“
Es gibt Sätze, die sich im kollektiven Gedächtnis festsetzen wie Kaugummi unter der Schuhsohle – hartnäckig, klebrig und meistens an den falschen Stellen. So ein Satz ist dieser.
Zugegeben, klingt griffig. Fast schon tiefgründig. Dumm nur, dass niemand genau weiß, wer diesen Satz tatsächlich gesagt hat. Manche schieben ihn Ignazio Silone in die Schuhe, andere Winston Churchill oder Theodor W. Adorno. Beweise? Fehlanzeige. Aber wen interessiert schon Quellenkritik, wenn man mit Pseudo-Weisheiten um sich werfen kann, um den eigenen geistigen Leerstand zu kaschieren?
Der rechte Lieblingssport: Zitat-Bowling
Rechte Kreise lieben diesen Satz, weil er so wunderbar geeignet ist, ihre Lieblingsbeschäftigung zu betreiben: Projektion. Da wird der Antifaschismus mal eben zum eigentlichen Faschismus erklärt – ein rhetorischer Trick, der ungefähr so raffiniert ist wie ein Kind, das beim Versteckspiel die Augen schließt und denkt, es sei unsichtbar.
Die Logik dahinter ist bestechend… bescheuert: Wer sich gegen Faschismus einsetzt, muss doch insgeheim selbst faschistisch sein, oder? Nach dieser Denke ist auch der Zahnarzt ein Sadist, weil er Karies „bekämpft“, und der Feuerwehrmann der wahre Brandstifter, weil er sich so verdächtig oft in brennenden Gebäuden aufhält.
Wenn der Faschismus wirklich wiederkehrt…
… dann wird er nicht „Antifaschismus“ heißen. Er wird „Heimatliebe“ heißen. „Patriotische Wende“. „Identitäre Bewegung“. Oder „besorgte Bürger“. Er wird in Anzügen auftreten, mit sauberem Scheitel und dem charmanten Lächeln eines Versicherungsvertreters, der dir gerade eine Police gegen den gesunden Menschenverstand verkaufen will.
Der Faschismus wird sich nicht als das ausgeben, wogegen er kämpft. Er wird sich tarnen als das, was er beschützen will: Tradition, Ordnung, Freiheit. Genau das tut er übrigens schon wieder – ganz ohne missbrauchte Zitate und mit der subtilen Eleganz eines Vorschlaghammers.