Man sitzt am Lagerfeuer, hält die Hände an die Glut, sieht Funken, spürt Wärme.
Irgendwo im Hinterkopf das Märchen vom „Urelement Feuer“: wärmt, schützt, verzehrt.
So haben wir gelernt, so reden wir uns die Welt zurecht –
und wundern uns dann, warum es plötzlich warm wird,
wenn da oben ein Stern leuchtet, der keine Fragen stellt,
nur Strahlung schickt.
150 Millionen Kilometer Entfernung.
Acht Minuten Laufzeit.
Und dann brennt dir die Nasenspitze,
als hätte Gott persönlich beschlossen, die Abstandsregel zu lockern.
Wir haben die Sonne nie verstanden.
Wir haben sie angebetet, verteufelt, zu Gott erklärt,
aber immer unterschätzt.
Denn was sie tut, ist kein Wunder –
es ist ein thermonuklearer Reflex.
Sie wärmt dich, weil sie muss.
Sie verbrennt dich, weil sie kann.
Sie schafft Leben und radiert es wieder aus.
Es gibt keinen höheren Plan,
nur ein Gleichgewicht, das sich mit jedem Watt verschiebt.
Du spürst die Sonne nicht.
Du spürst Infrarot.
Photonen, ausgespuckt von einem Feuerball,
der weder Gnade noch Urteil kennt.
Strahlung trifft Haut, versetzt Moleküle in Panik,
und du nennst es „Sommer“.
Du hast geglaubt, Gott wohnt im Himmel,
schreibt Gebote, hebt den Finger.
Dabei ist er nur Licht –
und Licht hat keine Moral.
Die Sonne fragt nicht, ob du Sonnencreme trägst.
Sie macht weiter,
wird heller, heißer,
schiebt das Thermometer Millimeter für Millimeter
Richtung Kippe.
Noch lachst du über Rekordwerte.
Noch hältst du +4 Grad für Wetter.
Noch wiegst du dich in Statistik,
während dir der Planet langsam verkocht.
Das Fegefeuer kommt nicht von unten.
Es kommt von oben,
in 10 % Helligkeitsschritten,
und mit jeder Verdunstungsschicht
verschwindet ein weiterer Beweis deiner Hybris.
Der Kipppunkt ist kein Knall.
Er ist ein Systembefehl:
Mehr Wärme → weniger Eis → mehr Methan → mehr Hitze.
Die Kaskade läuft,
die Rückkopplung lacht,
und du bist Beifahrer in einem Frittierfett,
das sich Klimasystem nennt.
Du spürst nicht die Sonne.
Du spürst das Ende.
Den sanften Vorlauf zur Selbstverbrennung,
verkauft als laue Sommernacht.
Und während du die Hand noch ins Lagerfeuer hältst,
schreibst du im Internet, dass alles gar nicht so schlimm ist.
Aber die Sonne kennt keine Diskussion.
Sie sendet nur.
Die Antwort liegt im Schmelzwasser.
Und im Schatten, der langsam verschwindet.