Seelenvertrag (Substantiv, maskulin)
Ein Seelenvertrag ist wie ein himmlischer Mietvertrag, den man angeblich vor der Geburt unterschreibt – nur dass es keine Kopie gibt, keine Zeugen, und auch keine Kündigungsfrist. Es ist das perfekte Konzept für Leute, die glauben, ihr toxischer Ex sei karmisch bedingt und ihre miserablen Lebensentscheidungen Teil eines übergeordneten Plans. Angeblich hat deine Seele vor dem Eintritt ins irdische Schlachtfeld alles genau so gewollt – inklusive Kindheitstrauma, Rückenleiden und dieser einen esoterischen Telegram-Kanal.
Der Seelenvertrag ist die esoterische Allzweckausrede für alles, was wehtut, nervt oder sonst schwer erklärbar ist. Warum bist du chronisch pleite? Warum zieht dich jeder spirituelle Hochstapler magisch an? Warum arbeitest du bei einem Heilsteinvertrieb mit Provisionssystem? Richtig: Seelenvertrag. Er verwandelt Opferhaltung in Schicksalsstolz und verhindert so ziemlich jede Form von Verantwortung oder Entwicklung – denn das Universum hat’s ja so gewollt.
Beispielsatz:
„Anja sagt, es war Teil ihres Seelenvertrags, dass sie dreimal betrogen wurde – ich sag, vielleicht war’s eher ein Vertrag mit ihrem Selbstwertgefühl.“