Eine alte Glühbirne flackert über dem Tresen.
Nicht regelmäßig – nicht wie ein technischer Defekt, sondern wie ein Reflex.
Buddha betrachtet seine Teetasse, ohne sie zu berühren.
Nietzsche spielt mit einem Löffel, der aussieht, als hätte er schon vielen Gesprächen zugehört.
Buddha:
„Ein guter Mensch ist keiner, der gut handelt.
Sondern einer, der nicht mehr handeln muss.“
Nietzsche:
„Dann wäre die beste Tat das Nichts?
Du willst also aus der Welt ein Kloster machen?“
Buddha:
„Ich will nichts.
Wollen ist die Wurzel des Leidens.
Auch das Wollen, gut zu sein.“
Nietzsche:
„Ich kenne Mönche, die wollen so sehr nichts wollen,
dass sie daran ersticken.
Und dabei vergessen, dass sie vorher noch atmen wollten.“
Buddha:
„Ein guter Mensch ist nicht still, weil er nichts zu sagen hat.
Sondern weil er weiß, wann Schweigen den Sturm aufhält.“
Nietzsche:
„Der Sturm IST der gute Mensch.
Der, der den falschen Tempeln das Dach wegreißt.
Der, der nicht schweigt, sondern brüllt –
weil alle anderen gelernt haben, sich Stille schönzureden.“
Buddha:
„Brüllen ist nur die Verlängerung des Egos.
Wie eine Faust, die schreien will.“
Nietzsche:
„Und Schweigen ist oft nur ein Rückzug in Feigheit,
maskiert mit kontemplativer Pose.“
Aus der hinteren Ecke ertönt eine Stimme.
Zart. Schrill. Zu freundlich:
???
„Vergebung ist auch eine Handlung.
Und Handlungen formen den Charakter.“
Buddha und Nietzsche schauen sich verwundert an.
Nietzsche:
„Wer das auch immer war, er ist nicht gemeint.“
(ohne den Blick zu heben)
Buddha:
„Und doch fühlt er sich angesprochen.“
???
„Wenn ein Mensch ohne Gewalt lebt,
lebt die Menschheit mit ihm mit.“
Nietzsche:
„Die Menschheit lebt mit,
wenn du ihre Abgründe freundlich anlächelst
und dabei vergisst, dass sie gerade Kinder erschlägt.“
Buddha:
„Auch Lächeln kann Gewalt sein.
Wenn es den Schmerz zudeckt.“
Der Gast – ein schmaler Mann mit sanftem Blick und weichem Tuch über der Schulter –
lächelt.
Er sagt nichts mehr.
Aber er bleibt.
Nietzsche:
„Also… zurück.
Was ist ein guter Mensch?
Jemand, der das Richtige tut?
Oder jemand, der nichts Falsches mehr für richtig hält?“
Buddha:
„Vielleicht einer,
der aufhört, sich diese Frage zu stellen.“
Gandhi (leise, fast flüsternd – aber hörbar):
„Der gute Mensch liebt auch den, der ihn hasst.“
Nietzsche schlägt mit dem Löffel auf den Tisch.
Die Bewegung ist schnell, aber nicht laut –
sie ist ein Urteil.
Nietzsche:
„Ein Selbstgerechter. So makellos in seiner Pose,
dass selbst das Es in ihm lieber schweigt –
aus Scham oder Langeweile.
Er ist der Beweis,
dass auch die Überwindung des Ichs
nur ein weiteres Denkmal für das Ego sein kann.
(blickt zu Buddha)
Ich liebe viele Dinge.
Bücher, Wind, Aufklärung.
Aber nicht jeden Menschen.
Und das macht mich nicht schlecht.
Sondern unangreifbar.“
Buddha nimmt die Tasse in beide Hände.
Sein Blick bleibt weich – aber nichts daran ist verzeihend.
Buddha:
„Der gute Mensch trägt seine Güte nicht vor sich her.
Er trägt sie dort,
wo andere das Atmen verlernt haben.
Nicht um zu glänzen –
sondern damit sie sich nicht selbst ertränken müssen.“
Ein letzter Satz kommt aus der Ecke,
wie ein Kräuterdampf, den keiner bestellt hat.
Gandhi:
„Auch Salz löst sich im Wasser.
Aber macht es schmackhafter.“
Nietzsche blickt endlich auf.
Lange. Direkt.
Dann kommt es, fast schon müde:
Nietzsche:
„Und du bist der Salzstreuer auf einer bitteren Welt, Gandhi.
Aber manche Suppen…
sind nicht zu retten.
Nicht mit Salz. Nicht mit Lächeln. Nicht mit dir.“
Gandhi:
„Darf ich mich dazusetzen?“
Buddha und Nietzsche (im Gleichklang):
„NEIN.“
Gandhi (lächelnd):
„Aber hier ist doch ein Stuhl frei.“
Nietzsche (eisig):
„Das ist Godots Stuhl.
Wag es nicht.“
Gandhi:
„Aber er ist nicht da.
Wen stört es, wenn ich kurz Platz nehme?“
Buddha und Nietzsche (scharf):
„NEIN.“
Nietzsche:
(zeigt auf Buddha)
„Vertrau mir:
Du willst ihn nicht verärgern.“
Gandhi hebt den Finger,
als wolle er etwas sagen –
doch aus dem hinteren Teil der Bar ruft jemand:
Stimme:
„KAN…“
Nietzsche hebt langsam die Hand.
Ein kleiner Impuls –
und das Gemurmel verstummt,
wie ein Schwarm Vögel, der plötzlich spürt: Jetzt nicht.
Buddha stellt die Tasse ab.
Nietzsche legt den Löffel auf den Tisch.
Gandhi senkt den Blick –
und setzt sich auf den Boden.
Neben dem Stuhl.
Dem Stuhl.
Niemand sagt mehr etwas.
Doch jeder weiß,
er bleibt.